Design: Nina Reisinger

Design: Nina Reisinger

Ausstellung

Ökosysteme der Fürsorge

08.05. – 07.09.2025

Seraphina Lenz | Marisa Benjamim | Organismendemokratie e.V. & Club Real

Ein ehemaliges Pförtnerhäuschen am Eingang zur Kulturinsel des Ernst-Thälmann-Parks verwandelt sich in einen Ort des Austauschs und der Begegnung: Einst als Pförtner- und Kassenhäuschen genutzt, wird der Ort für die Ausstellungsreihe Ökosysteme der Fürsorge erstmals von Künstler:innen bespielt. In diesem Areal trifft umgenutzte Architektur einer ehemaligen Gasanstalt auf Plattenbauten der DDR. Die Künstlerinnen Seraphina Lenz, Marisa Benjamim und das Kollektiv Club Real setzen sich von hier aus auf unterschiedliche Weise mit den sichtbaren und unsichtbaren Ökosystemen des Ernst-Thälmann-Parks auseinander – seiner Flora und Fauna sowie den zwischenmenschlichen und speziesübergreifenden Verbindungen der Nachbarschaft. Bei gemeinsamen performativen Spaziergängen, Workshops, Installationen und einem Audiowalk wird der Lebensraum Ernst-Thälmann-Park mit seiner facettenreichen Geschichte und seiner gegenwärtigen Vielfalt aus Sicht der hier lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen erkundet. In Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen und Anwohner:innen entstehen im Laufe der Ausstellungsreihe neue nachbarschaftliche Ökosysteme der Fürsorge, die anders-als-menschliche Lebewesen miteinbeziehen.

Ein Projekt der Prater Galerie, kuratiert von Helena Doppelbauer

Seraphina Lenz
08. Mai – 07. Juni 2025
Eröffnung: 07. Mai 2025, 19 Uhr

Das Pförtnerhäuschen wird zu einem begehbaren Kleiderschrank für die Nachbarschaft: Die Künstlerin Seraphina Lenz stellt einen Kostümfundus zusammen, den die Besucher:innen während gemeinsamer performativer Spaziergänge durch den Ernst-Thälmann-Park tragen können. So entstehen Begegnungen und Interaktionen zwischen den Spaziergänger:innen und ihrer Umgebung. In unterschiedlichen Konstellationen werden zwischen den Hochhäusern, Biotopen, Spielplätzen und gartenartigen Rückzugsorten verschiedene Szenarien erprobt. Diese temporäre Veränderung des Areals und der eigenen Rolle als Parkbesucher:in regt zu einem Perspektivwechsel an. Die Künstlerin lädt die Teilnehmenden dazu ein, die eigene Wahrnehmung der Umgebung und zwischenmenschlicher Beziehungen neu zu denken.

Marisa Benjamim
19. Juni – 19. Juli 2025
Eröffnung: 18. Juni 2025, 19 Uhr

Für die Ausstellung im Pförtnerhäuschen entwickelt die Künstlerin Marisa Benjamim eine ortsspezifische Installation und kreiert in Kollaboration mit den Gärtner:innen des Kollektivs Stadtpflanzen ein essbares Kunstwerk für die Nachbarschaft. In einem Hochbeet ziehen sie Pflanzensorten, die eine entgiftende Wirkung für den Körper und die Erde aufweisen. In ihrer Arbeit verweist Marisa Benjamim auf die Kontamination des Bodens durch das ehemals hier angesiedelte Gaswerk: Die Pflanzen, die heute auf dem Areal wachsen, sind nach wie vor verseucht und nicht zum Verzehr geeignet. Anhand ihrer Recherchen über die lokale Flora, ortsspezifische ökologische Systeme und die kulturelle Bedeutung der Pflanzen in der Region entwickelt sie verschiedene handwerkliche Techniken, die sie in Workshops an die Besucher:innen weitergibt.

Organismendemokratie e.V. & Club Real
31. Juli – 07. September 2025
Eröffnung: 30. Juli 2025

Das Künstler:innenkollektiv Club Real produziert zusammen mit Menschen aus der Nachbarschaft einen Audiowalk für den Ernst-Thälmann-Park, in dem verschiedene Lebewesen aus dem Park zu Wort kommen. Erstmals wird die vielfältige Geschichte des Ortes aus Sicht der hier lebenden Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen erzählt. Was haben etwa die Milliarden von Bakterien zu berichten, die seit 2004 in der Grundwasserreinigungsanlage ununterbrochen daran arbeiten, das durch die Gasanstalt verseuchte Grundwasser wieder genießbar zu machen? Und wie geht es heute den rund 4000 Bäumen, die in den 1980er-Jahren für jede:n einzelne:n Bewohner:in gepflanzt wurden? In den 1332 Wohnungen verbessern Zimmerpflanzen das Wohlbefinden der Menschen, und nachts suchen Waschbären und Füchse die Mülltonnen der Hochhäuser auf. Zusammen mit den Anwohner:innen erkundet das Künstler:innenkollektiv die Perspektiven und Erfahrungen dieser Lebewesen und macht sie sichtbar und hörbar.

Pförtnerhäuschen
Danziger Straße 101/103/105
10405 Berlin

Öffnungszeiten
Mi–Sa: 16–21 Uhr

Der Eintritt zu den Ausstellungen und Veranstaltungen ist frei.

Marisa Benjamim

Im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit von Marisa Benjamim steht die Pflanzenwelt. Ihre künstlerische Praxis reicht von essbaren Installationen bis hin zu Zeichnungen, die mit natürlichen Materialien und Pigmenten entstehen. Sie arbeitet mit der und für die Natur, in ortsspezifischen, performativen und interdisziplinären Projekten, in Zusammenarbeit mit Biolog:innen und Gärtner:innen. Für Tasting En Plein Air hat sie essbare Malfarben aus Pflanzen des Berliner Kulturforums hergestellt, die von den Besucher:innen geschaffenen Kunstwerke wurden im Anschluss an das gemeinsame Malen im Freien verzehrt. Für Floristaurant hat Benjamim auf einem Blumenmarkt essbare Blumenskulpturen präsentiert und zur Verkostung angeboten.

Seraphina Lenz

Die künstlerischen Arbeiten von Seraphina Lenz setzen sich mit verschiedenen Stadträumen auseinander und entstehen oftmals in Zusammenarbeit mit Anwohner:innen. Der Gedanke, dass Empathie und Solidarität durch Begegnungen und gemeinsame Erfahrungen entstehen, ist ein zentraler Aspekt ihrer Projekte. So hat sie etwa zwischen 2003 und 2014 die Werkstatt für Veränderung für den Carl-Weder-Park in Berlin-Neukölln realisiert. Ab 2013 entwickelte Seraphina Lenz die Performance ANSPIEL, die sie 2017 mit 16 Marzahner:innen für die IGA Berlin 2017 aufführte.

Organismendemokratie e.V. & Club Real

Die Organismendemokratie, ein Projekt des Kollektivs Club Real, beteiligt in ihren künstlerischen Interventionen alle Arten von Lebewesen, die einen gemeinsamen Lebensraum besiedeln. Als Organismendemokratie bezeichnet die Künstler:innengruppe Club Real ein politisches System, in dem alle Lebewesen Bürger:innen sind, mit gleichen Rechten und gleichem Anspruch auf politische Teilhabe. Auf diese Weise möchte die Gruppe die Möglichkeit eröffnen, durch einen grundsätzlichen Wandel der Politik ein gemeinsames und gerechtes Leben aller Spezies zu ermöglichen. Die erste Organismendemokratie wurde 2018 in Wien gegründet. Inzwischen ist sie an mehreren Standorten vertreten, unter anderem in der Osloer Straße in Berlin-Wedding.